
Messung der Benetzbarkeit einzelner Carbonfasern mit einem Tensiometer mit einem regulären hochauflösenden Kraftsensor
Erhöhung der Benetzungskraft an ultradünnen Fasern mit einem Mehrfachprobenhalter
In Faserverbundwerkstoffen führt mangelnde Faserbenetzung zu Lufteinschlüssen in der Polymermatrix und damit zu Festigkeitsverlusten und anderen Qualitätseinbußen. Der Kontaktwinkel und die freie Oberflächenenergie von Carbonfasern sind daher von großem Interesse. Analysen einzelner Fasern mit Durchmessern von wenigen Mikrometern erfordern jedoch ein spezialisiertes, extrem empfindliches Instrument wie das KRÜSS K100SF – mit anspruchsvollen Installations- und Umgebungsbedingungen, z. B. einem schwingungsdämpfenden System.
Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, haben wir einen Probenhalter zur parallelen Messung mehrerer Fasern zur Vervielfachung der Benetzungskraft entwickelt. Dieses Zubehör ermöglicht Messungen mit einem hochauflösenden Tensiometer wie dem Tensíío oder dem K100, ohne auf ultrapräzise Kraftsensoren und die damit verbundenen Herausforderungen zurückgreifen zu müssen. Zurückliegende Vergleichsmessungen zwischen dem K100 mit einem Fünffach- Faserhalter und dem K100SF mit Einzelfasern beweisen die Zuverlässigkeit dieses neuen Ansatzes.
Hintergrund
Benetzbarkeit von Carbonfasern
arbonfasern (CF) werden in der Industrie häufig zur Herstellung von faserverstärkten Verbundwerkstoffen mit hervorragenden mechanischen Eigenschaften verwendet. Um die Benetzung bei der Einbettung der Fasern zu optimieren, müssen die Oberflächen¬spannung (OFS) und die freie Oberflächenenergie der Polymermatrix und der CFs sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Daher besteht ein Interesse an der Messung des Kontaktwinkels von unterschiedlich modifizierten CFs.
Die Benetzbarkeit von CFs kann in verschiedenen Maßstäben untersucht werden: von makroskopischen Geweben und Vliesen über Faserbündel bis hin zur mikroskopischen Einzelfaserebene. [1] Letzteres ist oft von Vorteil, weil die Untersuchungen dann in einem frühen Prozess-Stadium erfolgen.
Für Einzelfasermessungen hat sich das Force Tensiometer K100SF etabliert. Dessen hoch-empfindliche Mikrowaage ist in der Lage, die winzigen Benetzungskräfte von einigen hundert nN präzise zu messen, die typischerweise auf einzelne Carbonfasern wirken. [2,3] Allerdings erfordern Messungen mit diesem Instrument eine extrem vibrationsarme Umgebung, was nicht immer gewährleistet werden kann. Daher ist es eine große Erleichterung, wenn Einzelfasermessungen mit einem herkömmlichen hochauflösenden Kraftsensor untersucht werden können.
Mehrfaser-Probenhalter
Die Benetzungskraft hängt mit der benetzten Länge der Faser zusammen, d.h. mit dem Umfang auf Höhe der Oberfläche, beim Eintauchen der Faser. Die gleichzeitige Verwendung mehrerer Fasern mit dem Probenhalter TO0810 bedeutet, dass sich die benetzte Länge und damit die Benetzungskraft vervielfacht. Diese erhöhte Kraft ermöglicht Messungen des Kontaktwinkels im Einzelfaserstadium mit einem regulären hochauflösenden Kraftsensor eines Tensíío oder K100.
Experimenteller Teil
Die hier gezeigten Versuche wurden im Jahr 2021 im Rahmen eines Kundenprojekts mit einem K100 Force Tensiometer, dem Vorgänger unseres hochmodernen Tensíío Instruments, durchgeführt. Mit der Wilhelmy-Methode [4] wurden der Fortschreitkontaktwinkel während der Benetzung und der Rückzugskontaktwinkel bei der Entnetzung der Faserprobe bei Raumtemperatur (23 ± 2 °C) mithilfe der ADVANCE Software gemessen. Die Carbonfaserproben hatten einen Durchmesser von 7 µm. Insgesamt wurden fünf Einzelfasern vorbereitet und in den Mehrfaser-Probenhalter eingeklipst, wie in Abb. 1 dargestellt.

Die verwendeten Testflüssigkeiten waren DI-Wasser (OFS von 72,8 mN/m; Dichte von 1,0 g/cm³) sowie Diiodmethan (OFS von 50,8 mN/m; Dichte von 3,3 g/cm³). Die Fasern wurden bis zu einer maximalen Tiefe von 4 mm eingetaucht (Benetzungsprozess für Fortschreitwinkel) und anschließend herausgezogen (Entnetzung für Rückzugswinkel), und zwar jeweils mit einer Geschwindigkeit von 1 mm/min. Die Kraftdaten wurden in Schritten von 0,01 mm aufgenommen.
Vergleichende Messungen derselben Einzelfasern wurden mit dem K100SF durchgeführt, wie in früheren Applikationsberichten beschrieben. [2,3].
Ergebnisse
K100 mit einem Fünffach-Probenhalter
Der Kontaktwinkel in Abhängigkeit von der Eintauchtiefe für den Mehrfaser-Probenhalter ist in Abb. 2 dargestellt. Die resultierenden Kontaktwinkeldaten sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Fortschreit-KW [°] | Rückzugs-KW [°] | |
---|---|---|
Wasser | 75,2 ± 4,2 | 39,2 ± 8,5 |
Diiodmethan | 47,7 ± 6,5 | 3,6 ± 8,2 |
Tabelle 1: Ergebnisse von Mehrfachfasermessungen mit K100

K100SF Wiederholungsmessungen mit einzelnen Fasern
Die Ergebnisse der Einzelfasermessungen mit dem K100SF sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Es handelt sich um Mittelwerte und Standardabweichungen für insgesamt 5 Einzelfasern. Beispielhafte Diagramme des Kontaktwinkels im Vergleich zur Eintauchtiefe sind in Abb. 3 dargestellt.
Fortschreit-KW [°] | Rückzugs-KW [°] | |
---|---|---|
Wasser | 78,8 ± 4,6 | 40,4 ± 9,3 |
Diiodmethan | 49,5 ± 4,3 | 11,9 ± 7,9 |
Tabelle 2: Ergebnisse der Einzelfasermessungen mit K100SF

Die Fortschreitwinkel für Wasser und Diiodmethan stimmen für beide verwendeten Methoden/ Instrumente gut überein. Die Standardabweichung für den Fortschreitwinkel ist ebenfalls für beide Methoden identisch. Bei beiden Instrumenten zeigen die Rückzugswinkel deutlich größere Fehlerbalken, insbesondere bei Diiodmethan. Dies ist typisch für ultradünne Fasern, unter anderem aufgrund der noch geringeren wirkenden Kräfte.
Der Fortschreitwinkel ist jedoch für die Faser-einbettung weitaus relevanter, da es sich auch hierbei um einen Benetzungs- und nicht um einen Entnetzungsprozess handelt. Hierbei belegt die gute Übereinstimmung zwischen den beiden Methoden/ Instrumenten, dass das K100/Tensíío mit dem Mehrfach-Faserprobenhalter eine gute Alternative für das K100SF darstellt, ohne Kompromisse bei der Präzision der Ergebnisse einzugehen.
Zusammenfassung
Wir zeigen, wie ein Multifaser-Probenhalter als Zubehör für ein Tensíío oder K100 Force Tensiometer die Messung von Fasern mit einem Durchmesser von wenigen µm auf Einzelfaserebene ermöglicht. Durch die parallele Messung mehrerer Fasern werden die benetzte Länge und damit die Benetzungskräfte vervielfacht, so dass der hochauflösende Kraftsensor eines Tensíío/K100-Tensiometers empfindlich genug für eine präzise Kontaktwinkelbestimmung ist, bei einem Signal-Rausch-Verhältnis, das vergleichbar mit dem eines K100SF ist. Dies erweitert die einer Messung zugänglichen Probendurchmesser für die KRÜSS Premium-Tensiometer und macht sie zu noch vielseitigeren Instrumenten für die Benetzungsanalyse.
Literatur
- [1] KRÜSS Application Report AR228
- [2] KRÜSS AR271
- [3] KRÜSS AR284
- [4] https://www.kruss-scientific.com/de-DE/know-how/glossar/plattenmethode-nach-wilhelmy (Zugriff 2025.03.04)