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AR291

Charakterisierung eines vielseitigen Emulgators für niedrigviskose Formulierungen und liposomale Strukturen

Grenzflächenanalytische Untersuchungen des Tensids Polyglyceryl-10 Monooleat als Teil einer umfassenden Studie zur Produktevaluation

Im Rahmen einer veröffentlichten Studie [1] in Zusammenarbeit mit Lonza Ltd. (Basel, Schweiz) und Azelis (Azelis Deutschland Kosmetik GmbH, Moers) wurde das Tensid Polyglyceryl-10 Monooleat auf seine Eignung als hautverträglicher Emulgator für niedrigviskose Sprays und Lotionen sowie als Builder für liposomale Strukturen hin getestet. Gerade der Aspekt der Hautverträglichkeit macht es erforderlich, die gewünschte Stabilisierung der Emulsion mit einer möglichst kleinen Wirkstoffmenge zu erzielen. Dabei sollte besonders die Zahl freier, nicht in Mizellen bzw. Liposomen gebundener Tensidmonomere möglichst gering sein. Vor diesem Hintergrund spielten die Bestimmung der kritischen Mizellkonzentration (CMC) und die für die maximale Absenkung der Grenzflächenspannung zwischen hydrophiler und hydrophober Phase notwendige Tensidkonzentration eine wichtige Rolle für die Bewertung des Emulgators.

 

Wir stellen hier die Ergebnisse unserer grenzflächenanalytischen Messungen vor, welche einen Ausschnitt aus der breiter angelegten Veröffentlichung bilden. Die Gesamtstudie umfasst zusätzliche polariationsmikroskopische Untersuchungen der liposomalen Struktur sowie Partikelgrößenbestimmungen und rheologische Messungen an komplexen Rezepturen,  um die Eignung des Emulgators für niedrigviskose, feinsttröpfige Emulsionen zu bewerten.

Hintergrund

Emulsionen sind besonders in der Körperpflege- und Kosmetikindustrie verbreitet, etwa in Form von Cremes oder Sprays für die Anwendung auf der Haut. Eine Emulsion ist eine Dispersion einer Phase in einer anderen, ursprünglich nicht mischbaren Phase. Typischerweise werden bei der Körperpflege die beiden Phasen einer Emulsion als Wasser- und Ölphase bezeichnet.

 

Emulsionen können als Medien verwendet werden, um Wirkstoffe auf die Hautoberfläche zu bringen. Aber eine Emulsion ist nicht nur ein Vehikel, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Textur und den sensorischen Charakter des entstehenden Konsumprodukts individuell anzupassen.

 

Die beiden Erscheinungsformen von Emulsionen auf flüssiger Basis, die bei der Körperpflege vorherrschen, lauten:

 

  • Wasser in Öl, mit wassertröpfchen in einer kontinuier­lichen Ölphase (W/O-Emulsion)
  • Öl in Wasser, mit Öltröpfchen in einer kontinuier­lichen wässrigen Phase (O/W-Emulsion)
Abb. 1: Schematische Darstellung der Bildung von W/O- und O/W-Emulsionen

Emulsionen weisen keine spontane Stabilität auf. Das Zweiphasengemisch unterliegt verschiedenen degene­rativen Prozessen wie Aufrahmen, Sedimentation, Flockung, Ostwald-Reifung, Koaleszenz und Phaseninversion, d. h. die Emulsion trennt sich mit der Zeit auf. [2] Daher sind leistungsfähige Emulgatoren erforderlich, um einen makroskopischen Stabilitäts­zustand zu erreichen.

 

Emulgatoren sind grenzflächenaktive Stoffe (Tenside), d. h. sie halten sich an der Grenzfläche zwischen Öl- und wässriger Phase auf und stellen so eine Vermittlung her – die wesentliche Voraussetzung für die Bildung einer Emulsion. In welchem Ausmaß ein Emulgator grenzflächenaktiv ist, hängt u. a. von der Größe des hydrophilen Teils des Moleküls im Vergleich zur Größe des lipophilen Teils ab. Auf dem Markt sind verschiedene Emulgatoren oder Emulgatorsysteme erhältlich:

 

  • kationisch
  • anionisch
  • nicht-ionisch

 

Anionische Emulgatoren, d. h. solche mit negativ geladener hydrophiler Gruppe, sind die am häufigsten in der Kosmetik verwendeten Tenside, da sie stabil und preiswert sind. Diese Emulgatorklasse ist aufgrund ihrer hervorragenden Reinigungseigenschaften und ihres hohen Schaumpotenzials die am weitesten verbreitete Tensidklasse in Shampoos.

 

Die Hautverträglichkeit verschiedener Arten von Emulgatorsubstanzen kann variieren: Kationische Tenside sind tendenziell hautreizender als Anionika und diese mehr als nicht-ionische Substanzen. Aus diesem Grund sind nichtionische Emulgatoren die bevorzugten Inhaltsstoffe in Leave-on-Skin-Produkten.

 

Viele kommerzielle nicht-ionische Emulgatoren basieren auf Petrochemikalien wie Ethylenoxid. Der Verbraucher­trend geht jedoch weg von petrochemisch basierten Inhaltsstoffen und hin zu natürlich gewonnenen Substanzen. Um diesem neuen Markttrend gerecht zu werden, werden kostengünstige, nachhaltige und vielseitige Bio-Emulgatoren benötigt, welche für hochwertige, sprühfähige Emulsionen verwendet werden können und biokompatible, liposomale Strukturen ausbilden.

 

Als vielversprechenden Kandidaten für ein solches Tensid haben wir den Wirkstoff Polyglyceryl-10 Monooleat (PG‑10‑1‑O) als eine Alternative zu den gängigen Emulgatoren auf dem Markt untersucht.

 

 

Experimenteller Teil

Proben

Das Porfolio von Personal-Care-Emulgatoren der Lonza AG umfasst eine Vielzahl von Produkten, die auf Rohstoffen aus nachhaltigen Palmölquellen (RSPO) basieren. Das in dieser Studie untersuchte Produkt PG‑10‑1‑O besteht aus durchschnittlich 10 Glycerin­einheiten, die durch Etherbindungen verknüpft sind. Dieses Polyglycerin-Grundgerüst wurde äquivalent mit Ölsäure auf Basis von Palmöl verestert.

 

 

Bestimmung der CMC

Zur reversen CMC-Bestimmung (Messung bei abnehmender Konzentration) haben wir die Oberflächenspannung (OFS) von wässrigen Lösungen von PG-10-1-O gemessen. Die Bestimmung wurde vollautomatisch mit einem Force Tensiometer - K100 durchgeführt, das mit zwei Micro Dispensern zur Verdünnung zwischen den Messungen ausgestattet war. Insgesamt wurden so 90 Konzentrationen bei einer Temperatur von 25±1 °C durch sukzessive Verdünnung der konzentrierten Ausgangslösung vermessen.

 

Die Messungen wurden nach der Du-Noüy-Ring-Methode durchgeführt, wobei der Ring während der gesamten Verdünnungsreihe in die Flüssigkeit eingetaucht blieb. Bei jeder Konzentration wurden die Messungen wiederholt, bis die Standardabweichung des laufenden Mittelwerts der jeweils letzten fünf Messungen unter 0,1 mN/m lag. Dadurch war die Messung der Gleichgewichts-OFS gewährleistet.

 

 

Messung der Grenzflächenspannung

Drei verschiedene Lösungen von PG-10-1-O mit 0,25%, 0,5% und 1,0% in Capryl-/Caprinsäure-Triglycerid (CCGT, “Neutralöl”) wurden durch 15-minütiges Rühren und Homogenisieren in einem Ultraschallbad hergestellt. Die Prozentwerte beziehen sich auf den Massenanteil. CCGT ist ein pflanzlicher, hautverträglicher Grundstoff Silikon- und Mineralölfreier Körperpflegeprodukte.

 

Wir bestimmten die Grenzflächenspannung (GFS) dieser Lösungen sowie von reinem CCTG gegenüber Wasser mit dem Spinning Drop Tensiometer – SDT bei Raum­temperatur (24±1 °C). Die GFS resultierte aus einer optischen Young-Laplace-Analyse des Krümmungs­verlaufs eines in einer Kapillare rotierenden Tropfens zwischen 6.000 und 15.000 U/min. Dazu ermittelten wir außerdem die Dichten der Lösungen, die als Ausgangsparameter für Spinning-Drop-Messungen benötigt wurden, mithilfe des Force Tensiometer – K100.

 

 

Ergebnisse

Hautreizungen können als Schwellung der Hautmembran in Reaktion auf die Bindung von Tensiden an der obersten Schicht der Epidermis, des Stratum corneum (SC), beschrieben werden. Studien haben gezeigt, dass die Anschwellrate oberhalb der CMC abnimmt. Dies geht mit der einhelligen Auffassung einher, dass Tensidmonomere zu Hautreizungen beitragen. Dabei haben Tenside mit einer Kohlenstoff­kettenlänge von 8 und 10 ein höheres Reizpotenzial als längerkettige Agentien. Bei längerkettigen hydrophoben Gruppen verringert sich die CMC und im selben Zuge das Irritationspotenzial. Daher kann die CMC als Orientierung für das Hautreizungspotenzial herangezogen werden. [3]

 

In [1] konnte belegt werden, dass PG-10-1-O ab einer kritischen Konzentration nicht Mizellen, sondern Doppellipidschichten ählich denen einer Biomembran bildet, was die Hautkompatibilität begünstigt. Da der Effekt dieses Übergangs bezogen auf die OFS derselbe ist wie bei der Mizellbildung, lässt sich die Übergangs­konzentration mithilfe einer klassischen CMC-Messung bestimmen. Im Folgenden ist mit “CMC” die Konzentration für das spezifische Aggregations­verhalten von PG-10-1-O gemeint.

 

Abb. 2 zeigt die OFS von wässrigen PG-10-1-O-Lösungen als Funktion der Konzentration. Die Kurven weisen einen Trend auf, der auch für die konzentrationsabhängige Mizellbildung typisch ist: eine in einem weiten Bereich lineare Abnahme der OFS mit zunehmender Konzentration bis zum CMC-Punkt, oberhalb dessen eine Konzentrationserhöhung nicht mehr zu einer weiteren nennenswerten Abnahme der OFS führt.

Abb. 2: OFS als Funktion der Konzentration für wässrige Lösungen von PG-10-1-O. Aus der linearen Extrapolation resultiert eine kritische Konzentration der Selbstorganisation zwischen 8 und 11 mg/L.

Aus diesen Daten lässt sich ableiten, dass oberhalb einer CMC von etwa 8 bis 11 mg/L die Selbstorganisation (d.h. die Bildung von Liposomen) der Moleküle gegenüber der Adsorption an der Wasser-Luft-Grenzfläche energetisch günstiger ist. Somit führt die Erhöhung der Konzentration über diese CMC hinaus nicht zu einer weiteren Erhöhung der Monomerkonzentration von PG-10-1-O an der Grenzfläche.

 

Eine im Übergangsbereich liegende Konzentration von 10,5 mg/L entspricht 0,011 mmol/L bei einer gegebenen molaren Masse von PG-10-1-O von 1023 g/mol. Diese Konzentration ist somit geringer als die CMC-Werte anderer typischer, in der Körperpflege verwendeter Tenside wie Natrium­dodecylsulfat (SDS) mit 8,2 mmol/L oder C12/14-Alkylpolyglykosid mit 0,04 mmol/L. [4]

 

Aus der Steigung der CMC-Kurve lässt sich ferner ableiten, dass die Oberflächenüberschusskonzentration für PG‑10‑1‑O 1,84·10-12 mol/mm2 und ein entspre­chender Raumbedarf für ein Monomer an der Oberfläche 9,0·10‑13 mm2 beträgt. Diese Werte sagen zusammen mit der CMC aus, dass die Anzahl der Monomere pro gegebener Oberfläche für PG-10-1-O geringer ist als für andere gängige Tenside wie die bereits genannten – ein wesentlicher Hinweis auf gute Hautverträglichkeit von PG-10-1-O. Die Ergebnisse der OFS lassen aufgrund der niedrigen CMC/SFT-Werte ferner auf eine gute Reinigungskraft schließen.

 

Abb. 3 zeigt die GFS gegenüber Wasser in Abhängigkeit von der PG-10-1-O-Konzentration in CCTG. Bereits 0,25% reduzieren die GFS zwischen Wasser und CCTG deutlich von 24 auf 0,6 mN/m. Ein weiterer Anstieg der PG‑10‑1‑O-Konzentration auf bis zu 1% führt zu einer geringfügigen weiteren Verringerung der GFS auf 0,2 mN/m. Bei Konzentrationen oberhalb von 0,25% verbessert sich demnach die Emulsionsleistung  auf Basis der GFS nur noch unerheblich. Die schon bei 0,25% stark reduzierte GFS spricht dafür, dass diese Konzentration für eine stabile und gute Emulgierung ausreichen könnte.

Abb. 3: GFS zwischen Wasser und verschiedenen PG-10-1-O -Lösungen in CCTG. Die Bilder zeigen exemplarisch rotierende Tropfen der Ölphase in Wasser.
Zusammenfassung

Für das Tensid Polyglyceryl-10 Monooleat wurden Messungen der kritischen Mizellkonzentration (CMC) sowie der Grenzflächenspannung (GFS) zwischen Lösungen des Tensids in Capryl-/Caprinsäure-Triglycerid (CCGT) und Wasser durchgeführt. Die Messungen belegten, dass die Selbstorganisation der Moleküle bei einer im Vergleich zu anderen gängigen Emulatoren sehr geringen molaren Konzentration liegt, wobei die starke Reduktion der Oberflächenspannung zudem eine gute Reinigungs­wirkung erwarten lässt. Auch die GFS gegenüber Wasser ist schon bei 0,25% Tensid in CCGT so deutlich reduziert, das von einer guten emulgierenden Wirkung ausgegangen werden kann. Da die Hautverträglichkeit bei einer geringen Menge freier Tensidmonomere an der Grenzfläche tendenziell besser ist, bietet der Wirkstoff gute Voraussetzung für den Einsatz im Personal Care Sektor.  

 

Im größeren Rahmen der Studie [1] wurde anhand von polarisationsmikroskopischen Aufnahmen statt der Bildung von Mizellen die von liposomalen Strukturen aufgezeigt, welche aufgrund der Ähnlichkeit zu natürlichen Biomembranen für den Einsatz im Bereich der Körperpflege optimal sind. Ferner wurde das hohe Potential des Tensids für niedrigviskose, sprühbare Rezepturen anhand von rheologischen sowie Partikel­größenuntersuchungen sowie anhand von erfolgreichen Stabilitätstests belegt.

 

 

Literatur
  • [1] Victor Low, Holger Seidel, Thomas Willers, Christoph Kolano, Polyglyceryl-10 Monooleate: Characterization of a versatile emulsifier for low-viscous formulations and liposomal structures. H&PC Today, Vol. 13 (6), November/December 2018, 54-57.
  • [2] T. F. Tadros, Rheology of Dispersions, 2010, Wiley-VCH, Weinheim.
  • [3] Liquid Detergents, Kuo-Yonn Lai, CRC Press, p. 18, ISBN 9781420027907.
  • [4] Nonionic Surfactants:  Alkyl Polyglucosides. Surfactant Science Series. Volume 91 Edited by Dieter Balzer (Haltern-Lavesum, Germany) and Harald Lüders (Rohm GmbH, Darmstadt, Germany). Marcel Dekker:  New York and Basel, Switzerland. 2000 [1] L.Landau and B. Levich, “Dragging of a liquid by a moving plate” Acta Physicochim. URSS 17, 42 (1942).

 

 

Wie in diesem Applikationsbericht erwähnt, sind die Messungen zum Teil mit einem Force Tensiometer – K100 durchgeführt worden. Für dieselben Messmethoden, jedoch mit verbesserter Präzision und Benutzerfreundlichkeit, kann jetzt das aktuelle Instrument Tensíío genutzt werden.

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