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AR276



 

Maßgeschneiderte Demulgatoren entwickeln

Grenzflächenrheologische Messungen an Erdölemulsionen

Bei der tertiären Förderung von Erdöl kommt es zur Bildung von Wasser-in-Öl (w/o)-Emulsionen. Demulgatoren spalten diese Emulsionen auf und ermöglichen somit eine Entwässerung und Entsalzung des Erdöls. Dies ist notwendig, um durch die Entwässerung Energie bei der Erdölverarbeitung einzusparen, um Korrosionsprobleme in der Raffinerieaufbereitung zu umgehen und um Druckschwankungen beim Öltransport in Pipelines zu verringern.

 

Um die geeigneten Demulgatoren für den Einsatz in der Praxis auszuwählen, wurden grenzflächenrheologische Messungen nach der Methode des oszillierenden Tropfens durchgeführt. Mit dieser Methode wurde die strukturmechanische Festigkeit bei Demulgatoreinsatz und somit der Zerfall der w/o-Emulsion vorausgesagt. Der optimierte Demulgator wurde in der Praxis an Erdölbohrfeldern getestet und führte zu einem niedrigeren Salzgehalt im Öl sowie zur Reduzierung des Pumpendrucks.

Hintergrund

Während der Erdölförderung kommt es zur Bildung von Wasser-in-Öl (w/o)-Emulsionen. Diese haben im Wesentlichen zwei große Nachteile im weiteren Erdölgewinnungs­prozess:

1) (w/o)-Emulsionen sind viskoser als das Öl selber und ihr Transport (z. B. von der Förderstätte zur Raffinerie) erfordert hohe Pumpleistungen, was den Energiebedarf erhöht und die Lebensdauer der Pumpen beeinträchtigt.

 

2) Die disperse Phase der (w/o)-Emulsionen ist chlorid-haltiges Salzwasser, welches Korrosionsprobleme in der Raffinerieaufbereitung verursacht.

Einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung solcher Emulsionen leistet die im Rohöl vorhandene Substanzklasse der Asphaltene. Asphaltene stabilisieren w/o-Emulsionen, da sie an der Öl-Wasser Phasengrenze ein „hartes“ molekulares Netzwerk bilden. Solche Grenzflächen­filme haben einen visko­elastischen Charakter und weisen einen hohen Speichermodul (=Elastizitätsmodul) auf. Die Studie fokussiert sich daher auf den Einfluss der Asphaltene auf die Filmstabilität.

 

Um Probleme zu umgehen, die durch Bildung von (w/o)-Emulsionen in der Erdölproduktion auftreten, werden Demulgatoren eingesetzt. Diese spalten die Emulsionen auf und machen eine Entwäs­serung und Entsalzung des Erdöls möglich [1].

 

Die Auswahl eines geeigneten Demulgatorsystems muss an die global verschiedenen Erdölzusam­mensetzungen, sowie daran, ob eine Land- oder Tiefseebohrung vorliegt, angepasst werden. Als Konsequenz daraus ist eine aufwendige Optimierung der Demul­gatorsysteme notwendig, was den Einsatz der Demulgatoren je nach Ölpreis oft unwirtschaftlich macht.

 

Zur individuellen Anpassung werden Demulgatoren zunächst im Labor anhand kleiner Probenmengen analysiert. Ist dies zufriedenstellend gelungen, reicht es aus, das Ergebnis nur einmalig anhand aufwändigerer Untersuchungen im realen Umfeld, d. h. am Ölfeld zu überprüfen. Eine ausschließliche Optimierung der Demulgatoren in der Lagerstätte wäre deutlich zeitaufwändiger und kostenintensiver. Die Grenzflächen­rheologie ist hierbei eine geeignete Methode, um in Modellversuchen die Demulgatorsysteme zu untersuchen und zu optimieren.

 

Im Folgenden wird die Methodik der Grenzflächenrheologie erläutert und gezeigt, wie man vom Modellversuch zu den optimalen Ergebnissen an realen Erdölfeldern gelangt. Der im Modellversuch optimierte Demulgator (OU-1 + CAPB) wird mit einem etablierten industriellen Demulgator (Pralt-11A) verglichen. Hierbei wird gezeigt, dass der optimierte Demulgator gegenüber Pralt-11A zur verbesserten Entwässerung und Entsalzung sowie zu einer Verringerung der Pumpendrücke führt.

 

 

Experimenteller Teil

Grenzflächenrheologische Messungen nach der Methode des oszillierenden Tropfens

Die Grundlage für die Bestimmung dilatativer rheolo­gi­scher Eigenschaften der Grenzfläche bildet die Messung der dynamischen Grenzflächenspannung bei gleichzeiti­ger Tropfenoszillation [2, 3]. Hierbei wird das Volumen eines hängenden Tropfens periodisch variiert und die resultierende Grenzflächenspannung anhand des optisch detektierten Tropfenprofils zeitabhängig kalkuliert. Der Verlauf der Grenzflächen­spannung als Antwort auf die Tropfenoszillation ist im hohen Maße empfindlich gegenüber Demulgatoren an der Flüssig­keitsgrenz­fläche. Deswegen ermöglicht die Unter­suchung der Tropfen­oszillation ein Urteil über die Dicke und Festigkeit einer Grenz­flächen­schicht. Das Messprinzip ist in Abb. 1 gezeigt.

Abb. 1: Schematische Darstellung der Messung visko¬elasti-scher Eigenschaften der Grenzflächen nach der Methode des oszil¬lierenden Tropfens. Links ist das Profil eines hängenden Tropfens gezeigt. Das Volumen wird bei gleich bleibender Amplitude periodisch verändert (angedeutet durch die roten Linien). Rechts sind die sinusoidalen Kurven¬ver¬läu¬fe der Grenzflächen¬spannung (∆σ) und der Fläche (∆A) ge¬zeigt, sowie die Phasenverschiebung (φ) und die Schwin¬gungs¬¬periode (2π/ω).

Anhand der Änderung der Tropfenoberfläche (ΔA), der mittleren Tropfenoberfläche (A0) sowie der Änderung der Grenzflächenspannung (Δσ) kann der komplexe viskoelastische Modul E* berechnet werden:

Über die ermittelte Phasenverschiebung φ kann der viskoelastische Modul unterteilt werden in Speicher­modul E‘ und Verlustmodul E‘‘ gemäß:

Instrumente und Proben

Die rheologischen Eigenschaften verschiedener Grenz­flächen wurden mit dem Drop Shape Analyzer – DSA 30 unter Einbezug des zusätzlichen Moduls für die Grenz­flächen­rheologie, (Oszillating Drop Module, ODM) untersucht. Als Modellölphase wurden Toluollösungen von aus Erdöl extrahierten Asphaltenen unterschiedlicher Konzentration verwendet. [1]. Es wurden Tropfen der Modellölphase in umgebender wässriger Phase gebildet. In die wässrige Phase wurden später auch verschiedenen Demulgatoren gegeben. Die untersuchten Demul­ga­tor­sub­stan­zen sind in der Tabelle 1 angegeben. Für die Tropfenoszillation wurde eine Sinus­schwingung mit einer Periodendauer von 5 Sekunden verwendet. Während der Oszillation betrug die Variation der Tropfenoberfläche = 10 – 15% [4].

Abkürzungen Namen der Substanzen
OAPB Oleylamidopropylbetain
CAPB Cocamidopropylbetain
AB Alkylbetain
OAPDAO Oleylamidopropyldodecyldimethylaminoxid
OAPTAC Oleylamidopropyltrimethylammonium-chlorid
CTAC Cetyltrimethylammoniumchlorid
OU-1 Oligourethan

 

Tabelle 1: Abkürzung der verwendeten Substanzen und ihre Bedeutung.

 

Ergebnisse

Rheologische Eigenschaften von Grenzflächenfilmen

Alle im Folgenden gezeigten Experimente und Ergebnisse wurden im Rahmen der Promotionsarbeit von Mingazov (Kasaner Nationale Technische Universität, Russland) durchgeführt, erzielt und publiziert [1].

 

In einem ersten Schritt wurden mit Hilfe grenzflächen­rheologischer Messungen die Bedingungen für die Bildung von stabilen Adsorptions­filmen an der Grenzfläche zwischen den in Toluol gelösten Asphaltenen und Wasser untersucht. Zwei Parameter waren hierbei von Interesse: die Asphalten­konzentration in der Lösung und die Zeit der Bildung besagter Adsorptions­schichten.

 

Mit Hilfe der Methode des hängenden Tropfens wurde die zeitliche Veränderung der Grenzflächen­spannung von Asphalten-Toluol­lösun­gen gegen Wasser bei verschie­denen Asphalten­konzen­trationen untersucht (Abb. 2).

Abb. 2: Zeitliche Veränderung der Grenzflächenspannung von Toluollösungen gegen Wasser bei verschiedenen Asphalten¬konzen¬trationen.

Die Grenzflächenspannung fällt für alle Konzentrationen mit der Zeit ab und nach 15 Minuten streben alle Kurven gegen einen konstanten Gleichgewichtswert. Aus den ermittelten Gleich­gewichts­werten wurde eine Isotherme für die Grenzflächen­spannungen gegen verschiedene Asphalten­konzentrationen aufgetragen (Abb. 3). Die erhaltene Isotherme zeigt ein Minimum bei c = 2,44 g/L, welches, analog zur kritischen Mizell­bildungs­konzen­tra­tion (CMC), mit der Aggregation der Asphaltene in Lösung assoziiert werden kann.

Abb. 3: Isotherme der Gleichgewichts-Grenzflächen¬span-nun¬gen für die untersuchten Asphaltenlösungen.

Der Speichermodul des Grenzflächen­films weist bei einer Asphalten­konzentration analog zur CMC ein Maximum auf [4]. Da sich Änderungen der Grenzflächen­rheologie durch Zugabe von Demulgatorsubstanzen bei dieser Konzentration am sensitivsten nachweisen lassen, wurden die weiteren Unter­suchun­gen an Asphaltenlösungen mit Konzentrationen entsprechend der CMC durchgeführt.

 

Abb. 4 zeigt die zeitliche Veränderung des Speicher­moduls für die verschiedenen untersuchten Demulgator­substanzen.

 

Innerhalb von 20 Minuten bildet sich eine Adsorp­tions­schicht bestehend aus Asphaltenen aus (initialer Anstieg des Speichermoduls). Im weiteren Versuchsverlauf (bis 100 min) setzen eine Struk­turie­rung der Asphalten-Adsorptionsschicht ein, bis sich der Speicher­modul stabilisiert hat. Nach 100 min wurden jeweils unterschiedliche Demulgator­substanzen in die wässrige Phase gegeben und die zeitliche Veränderung des Speichermoduls untersucht. Abb. 4A zeigt den Verlauf für ionische Demulgatoren, Abb. 4B denjenigen für oligourethanbasierte Mischsysteme.

Abb. 4: Veränderung des Speichermoduls der Grenzflächen-schicht zwischen den in Toluol gelösten Asphaltenen und Wasser, aufgetragen gegen die Zeit für folgende Demulga-tor¬systeme: A) ionische Demulgatoren; B) Oligourethan OU 1-demulgatorbasierte Misch¬systeme.

Die Einführung der ionischen Tenside in das Modellsystem führt zu einer Steigerung des Speichermoduls (Abb. 4A). Dabei führt OAPB zum höchsten gemessenen Anstieg. Ionische Tenside eignen sich somit für das untersuchte System nicht als Demulgatoren. Im Gegensatz dazu bedingen die oligourethan-basierten Mischsysteme eine Abnahme des Speichermoduls (Abb. 4B) und eignen sich sehr gut als Demulgatoren. Das Mischsystem OU 1 + CAPB zeigt den niedrigsten Wert für den Speichermodul, welcher mit der geringsten strukturmechanischen Festigkeit korreliert und zum Zerfallen der (w/o)-Emulsion führt.

 

Das System OU-1 + CAPB stellt also den optimalen Demulgator aus der Vorversuchsreihe dar.

 

 

Vergleich zweier Demulgatoren im Feldversuch

Die durch Vorversuche optimierte Mischung von Oligo­urethanen und ionischen Demulgatoren (OU-1 + CAPB) führt also zu einer Erniedrigung der struktur-mechanischen Festigkeit der Emulsionen. Dieses optimierte Demulgatorsystem wurde nachfolgend in einem Feldversuch getestet.

Abb. 5 gemessene Druckerhöhungen auf die Pumpen bei Anwendung des optimierten Demulgatorsystems verglichen mit dem Referenz-Demulgator.
Abb. 6 Restgehalt an Wasser (an¬ge¬geben in Massenprozent m%) und Salz für das opti¬mier¬te Demulgatorsystem und für den Referenz-Demulga¬tor, gemessen an 3 verschiedenen, räumlich getrennten Erdöl¬bohrungen.

Das System OU-1 + CAPB wurde direkt in Erdöllager­stätten sehr erfolg­reich eingesetzt. Verglichen mit einem industri­ell eingesetzten Standard-Demulgator (Pralt-11A) konnte der Pumpendruck beim Öltransport gesenkt und Druckschwankungen konnten reduziert werden (Abb. 5).

 

Das gewonnene Erdölprodukt wies weiterhin einen niedrigeren Wasser- und Salzgehalt auf (Abb. 6). So konnte aus einem einfachen Modellversuch heraus der gesamte Erdöl­produktionsprozess hinsichtlich des Demulgator-Einsatzes optimiert werden.

 

 

Zusammenfassung

Der Einfluss verschiedener Demulgatorsysteme auf die strukturmechanische Festigkeit der Asphalten/Toluol-Wasser-Grenzfläche wurde unter Verwendung der Methode des oszillierenden Tropfens untersucht. Der aus diesen grenzflächenrheologischen Experimenten bestimmte Speichermodul erlaubt eine Aussage über die Stabilität von (w/o)-Emulsionen und diente hier zur Ermittlung des optimalen Demulgatorsystems. Das Misch­system OU-1 + CAPB, welches den höchsten Abfall des Speicher­moduls bewirkte, wurde ausgewählt, um in der Praxis die Auswirkungen auf Pumpendruck sowie Wasser- und Salzgehalt zu testen. Das ausgewählte De­mul­gator­system führte zu niedrigeren Pumpendrücken und einem geringeren Gehalt an Wasser und Salz im Erdöl im Vergleich zum bis dato auf den Erdölbohrfeldern einge­setzten Referenz-Demulgatorsystem. Die hier darge­stellten Daten zeigen daher beispielhaft, wie einfache und kosten­günstige grenzflächen­rheologische Analysen sich zur Optimierung von Feldprozessen in der Erdölindustrie eignen.

 

 

Literatur

 

  • [1]    R. Mingazov, Compositions for destroying water-in-oil emulsions based on oligourethanes and ionogenic surface active substances, doctorate thesis, Kazan National Research Technical University (Russia), 2012.
  • [2] G. Loglio, R. Miller, A. Stortini, U. Tesei, N. Degli Innocenti, R. Cini, Non-equilibrium properties of fluid interfaces: aperiodic diffusion-controlled regime 2. Experiments, Colloid Surface A 1995, 95, 63.
  • [3] F. Thomsen, KRÜSS Application Report AR 246: Dehnübungen für Tropfen, 2005.
  • [4] D. M. Sztukowski, H. W. Yarranton, Rheology of Asphaltene-Toluene/Water Interfaces, Langmuir 2005, 21, 11651.

 

 

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