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AR274

Zur Schäumbarkeit verschiedener Milchsorten sowie Stabilität und Struktur des entstehenden Schaums

Wissenschaftliche Milchschaumanalysen bei verschiedenen Temperaturen

Haltbarer, kleinporiger Schaum mit einem Muster aus aufgestreutem Kakao, der den Schaum nicht in sich zusammenfallen lässt: So stellen sich die meisten Kaffeetrinker den idealen Milchkaffee oder Cappuccino vor. Der für Einzeltassen erzeugte Kaffee mit geschäumter Milch wird immer beliebter – ein Umstand, der sich nicht zuletzt in wachsenden Forschungsanstrengungen zum Schäumungsverhalten von Milch niederschlägt. In diesem Applikations­bericht fassen wir eine veröffentlichte wissenschaftliche Studie [1] über Milchschaum zusammen, die wir in unserem Applikationslabor erarbeitet haben.

 

Im Rahmen der Studie wurden vier verschiedene Milchsorten (pasteurisierte Milch und H-Milch mit jeweils 1,5% und 3,5% Fett) mit unserem Dynamic Foam Analyzer – DFA100 untersucht. Im Fokus der Messungen lagen die Schäumbarkeit und die Schaumstabilität in Abhängigkeit von der Michsorte und Temperatur. Zudem analysierten wir die Schaumstruktur hinsichtlich der Blasengröße und Blasengrößenverteilung, um den Zusammenhang zwischen diesen Messergebnissen und den ermittelten Stabilitätsparametern zu untersuchen.

Hintergrund

Milch enthält Proteine, die als natürliche Tenside für die Stabilität der Fett-Wasser-Emulsion sorgen und auch für die Schaumbildung verantwortlich sind. Zur Erzeugung von Milchschaum auf Getränken werden verschiedene Milchsorten verwendet, wobei die Schaummenge und die Stabilität von der Milchbeschaffenheit abhängen. Dabei spielt zum einen der Fettgehalt eine Rolle, zum anderen Unterschiede bei der Haltbarmachung für H-Milch und pasteurisierte Milch. Darüber hinaus hat die Temperatur der Milch beim Aufschäumen einen starken Einfluss auf das Schaumverhalten.

 

 

Proben und Messmethoden

Untersuchte Proben

Untersucht wurde handelsübliche, in Getränkekartons erhältliche pasteurisierte Milch und ultrahocherhitzte Milch (H-Milch) mit jeweils 1,5% und 3,5% Fett.

 

 

Messung der Schäumbarkeit und Schaumstabilität

Die Messungen wurden mit einem Dynamic Foam Analyzer – DFA100 durchgeführt. Bei diesem Mess­instrument werden flüssige Proben über einen Filterboden durch softwaregesteuerten Gasstrom reproduzierbar aufgeschäumt. Mittels einer LED-Leiste und eines Zeilensensors erfasst das DFA100 die Schaumhöhe während des Aufschäumens und in der Zerfallsphase präzise und zeitabhängig. Im Rahmen dieser Studie wurde die Schäumbarkeit anhand der maximalen Schaumhöhe und die Stabilität anhand der Zerfallshalbwertszeit untersucht. Bedingungen wie Volumenstrom, Porengröße des Filterbodens und Aufschäumzeit waren für alle Messungen konstant. Die drei Messungen pro Milchsorte und Temperatur belegen die hohe Reproduzierbarkeit der Ergebnisse (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Messung der Schaumhöhe bei verschiedenen Temperaturen. Die Kurven geben jeweils alle drei Messungen für die untersuchte Milchsorte wieder (angepasste Abbildung aus [1]).

Temperaturabhängige Messungen

Die Schaumanalysen wurden bei Temperaturen zwischen 5 °C und 60 °C durchgeführt. Anders als in der bisherigen Forschung wurde nicht nur die Flüssigkeit vor dem Aufschäumen temperiert, sondern auch die Schaumsäule während der Zerfallsphase. Dabei kam eine doppelwandige, temperierbare Messsäule vom Typ CY4503 von KRÜSS zum Einsatz.

 

 

Schaumstrukturanalysen

Optische Messungen der Schaumstruktur wurden mit dem Foam Structure Module – FSM für das DFA100 durchgeführt. Bei diesem Modul wird ein Videobild eines zweidimensionalen Schnittes des Schaums an einem Prisma aufgenommen.

Abb. 2: Blick der Kamera auf das schaumbenetzte Prisma des Foam Structure Module – FSM

Die spezielle optische Anordnung liefert ein klares Bild der an der Prismenwand liegenden Schaumbläschen, das nicht durch die Lamellen im Inneren des Schaums gestört wird.

 

Die Software für das DFA100 ermittelt die Anzahl und Größe der Bläschen sowie die Homogenität des Schaums anhand der Blasengrößenverteilung und der mittleren Blasengröße nebst Standardabweichung. Alle diese Größen werden in Abhängigkeit von der Messzeit aufgezeichnet, sodass die strukturellen Veränderungen in der Zerfallsphase genau dargestellt werden.

 

 

Messergebnisse

Schäumbarkeit

In Rahmen unserer Studie konnten wir einige generelle Aussagen aus der aktuellen Forschung bestätigen: Bei tiefen Temperaturen ist H-Milch tendenziell besser schäumbar als pasteurisierte Milch, Halbfettmilch besser als Vollmilch. Bei höheren Temperaturen sind alle Milchsorten gut schäumbar, die Unterschiede zwischen den Proben nivellieren sich.

Abb. 3: Untersuchung der Schäumbarkeit anhand der maximalen Gesamthöhe während des Aufschäumens (angepasste Abbildung aus [1])

Wie aus der Abbildung hervorgeht, bestätigen unsere Untersuchungen eine in der Forschung gefundene Anomalie, nämlich dass bei 25 °C ein Minimum der Schäumbarkeit fetthaltiger Milch auftritt. Die Autoren in [2] führen diesen Effekt darauf zurück, dass im Temperaturbereich um 25 °C auftretende teilkristalline Strukturen der Fettglobuli sich negativ auf die Schaumbildung auswirken.

 

 

Schaumstabilität

In [2] trat das beschriebene Minimum im Bereich von 25 °C nur bei der Schäumbarkeit auf, nicht aber hinsichtlich der Schaumstabilität. Das ist auffällig, denn in der Regel wirken sich schaumhemmende Substanzen in einer Flüssigkeit auch auf die Stabilität des gebildeten Schaums auf.

 

Gemäß den Ergebnissen unserer Studie weist hingegen auch die Schaumstabilität erwartungsgemäß dasselbe Minimum bei 25 °C auf.

Abb. 4: Messung der Schaumstabilität anhand der Zerfalls-halbwertszeit. Wegen der erheblichen Stabilitätsunterschiede der Proben wurde für die y-Achse eine logarithmische Skala gewählt (angepasste Abbildung aus [1]).

Die unterschiedlichen Befunde hängen unserer Auffassung nach damit zusammen, dass in [2] zwar temperiert aufgeschäumt, das Zerfallsverhalten aber ohne Temperierung gemessen wurde. Unserer Auffassung nach führte das zu unkontrollierten thermischen Effekten beim Abkühlen des Schaums, welche die molekularen Mechanismen überlagerten. Bei unseren Analysen wurde hingegen auch die Schaumsäule während der Zerfallsphase temperiert. Dadurch zeigten die Schäumbarkeit und das Stabilitätsverhalten erwartungsgemäß einen ähnlichen Verlauf der Temperaturabhängigkeit.

 

Während die gebildete Schaumhöhe bei 40 °C bei allen vier Milchsorten fast identisch ist (vgl. Abb. 3), hängt die Stabilität bei dieser Temperatur deutlich vom Fettgehalt ab. Das Milchfett reduziert die Schaumhöhe nicht mehr und wirkt sogar stabilisierend.

 

 

Schaumstruktur

Für die Bewertung von Milchschaum ist die Bläschenstruktur in zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen bevorzugen Konsumenten in der Regel kleinporigen, homogenen Milchschaum, sodass sich die Struktur unmittelbar auf das Genussempfinden auswirkt. Zum anderen hängt auch die Stabilität mit der Blasengröße und der Größenverteilung zusammen.

 

Ein den Schaumzerfall beschleunigender Mechanismus ist die Ostwald-Reifung, die mit den Druckdifferenzen zwischen großen und kleinen Schaumblasen zusammenhängt. Dabei nimmt die Zahl kleiner Blasen mit der Zeit ab, während große Blasen noch größer werden. Je homogener der Schaum ist, desto geringer sind die Druckunterschiede zwischen den Blasen und desto langsamer vollzieht sich die Ostwald-Reifung.

 

Diesen Zusammenhang belegen auch die Schaum­strukturmessungen, wie aus der folgenden Abbildung (5) hervorgeht:

Abb. 5: Darstellung der Blasenanzahl (a), der mittleren Blasen-größe (b) und der Standardabweichung des Mittelwertes (c) unmittelbar nach dem Aufschäumen von H-Milch (3,5% und 1,5%) bei 40 °C. Die Bilder darunter zeigen die per Bilderkennung ermittelten Blasen nach dem Aufschäumen und nach 1800 s Zerfallszeit (angepasste Abbildung aus [1]).

Der stabilste Schaum entstand gemäß der Schaum­höhenmessung aus H-Milch (3,5% Fett) bei 40 °C (vgl. Abb. 4). Die Strukturuntersuchung ergab für diesen Schaum die kleinsten Blasen bei kleinster Standard­abweichung der mittleren Blasengröße und somit größter Homogenität (Abb. 5 links). Der Schaum aus 1,5%‑iger H‑Milch (rechts), der bei der Zerfallsmessung deutlich instabiler war, weist gleich nach dem Aufschäumen größere Blasen bei geringerer Homogenität auf. Die beiden Strukturbilder nach 1800 s Zerfallszeit machen den Stabilitätsunterschied zwischen diesen Proben deutlich.  

 

 

Zusammenfassung

Im Rahmen einer Studie wurde das Schaumverhalten von vier Milchproben mit Unterschieden in der Herstellungsweise (pasteurisierte oder H-Milch) und des Fettgehalts (3,5% und 1,5%) untersucht. Im Mittelpunkt stand der Einfluss der Temperatur und der Beschaffenheit der Milch auf die Schäumbarkeit und die Schaumstabilität.

 

Das in der Forschungsliteratur konstatierte Minimum der Schäumbarkeit bei 25 °C konnten wir bestätigen. Durch Temperierung der Schaumsäule wiesen wir entgegen vorliegenden Untersuchungen denselben Minimum­verlauf auch für die Schaumstabilität nach.

 

Schaumstrukturuntersuchungen ergaben eine Korrelation zwischen der Blasengröße und deren Verteilung einerseits und der Schaumstabilität anderseits: Der kleinporigste, homogenste Schaum (H-Milch mit 3,5% Fett bei 40 °C) war zugleich der stabilste.

 

Abschließend lassen sich aus den Messungen einige Faustregeln für die Milchschaumerzeugung aufstellen: 

 

  • Zum Aufschäumen sollte die Milch am besten kühlschrankkalt sein oder erwärmt werden. Milch bei Raumtemperatur ist überhaupt nicht geeignet.
  • Für das Aufschäumen kalter Milch sind fettarme Produkte günstiger als Vollmilch, H-Produkte besser als pasteurisierte Milch.
  • Eine große Menge homogenen, stabilen Schaums entsteht beim Aufschäumen warmer H-Vollmilch.

 

Die Hauptreferenz [1] zu diesem Applikationsbericht enthält alle Details wie Einzelergebnisse, die genaue Beschaffenheit der Proben und die Messbedingungen für die Schaumanalysen sowie die vollständige Liste der einbezogenen Forschungsliteratur.

 

 

Literatur
  • [1] K. Oetjen, Ch. Bilke-Krause, M. Madani, Th. Willers, Temperature effect on foamability, foam stability, and foam structure of milk, Colloids and Surfaces A: Physicochemical and Engineering Aspects 460 (2014), 280-285.
  • [2] S. Kamath, T. Huppertz, A.V. Houlihan, H. Deeth, The influence of temperature on the foaming of milk, International Dairy Journal 18 (2008) 994–1002.

 

 

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