Ein zuverlässiges Verfahren zur Überwachung der Alterung und Leistungsfähigkeit von Kühlflüssigkeiten für Bearbeitungsprozesse
Mikroblasen und Schäumverhalten von neuen und gebrauchten Kühlflüssigkeiten
In vielen Bereichen der industriellen Fertigung sind Kühlflüssigkeiten unverzichtbar für Bearbeitungsverfahren, die Qualität der gefertigten Teile und eine lange Lebensdauer der Maschinen. Diese Flüssigkeiten sind u. a. auf maximale Luftabscheidung bei minimaler Schaumbildung ausgelegt. Sie unterliegen jedoch im Zuge der Benutzung Veränderungen, welche zu einer geringeren Kühleffizienz führen. Unser Kunde wollte diese Veränderungen überwachen, um Schleifprozesse an einem großen Fertigungsstandort zu optimieren.
Nach einer Reihe von Versuchen, mithilfe von Standardverfahren zur chemischen Charakterisierung und durch manuelle Schaumtests zwischen neuem und gebrauchtem Kühlöl zu unterscheiden, wandte sich unser Kunde an uns für Beratung und Unterstützung bei diesem Projekt. In diesem Applikationsbericht wird eine Schaumuntersuchung von neuen und gebrauchten Proben zweier verschiedener Kühlflüssigkeiten beschrieben, die wir im KRÜSS Applications & Science Center durchgeführt haben. Wir haben dabei ein Messverfahren gefunden, das endlich eine zuverlässige und in hohem Maße reproduzierbare Überwachung der Veränderung von Kühlflüssigkeiten ermöglicht.
Hintergrund
An seinen Fertigungsstandorten produziert unser Kunde verschiedenste Metallteile wie zum Beispiel Lager. Wichtige Fertigungsschritte der Metallbearbeitung beinhalten die zerspanende Bearbeitung unter Einsatz von wasser- oder ölbasierten Kühlflüssigkeiten. Unter anderem dienen diese Flüssigkeiten dazu, die mechanische und physikalische Produktqualität zu gewährleisten.
Schaum und Luft in Wasser-Öl-Dispersionen führen zu einer reduzierten Kühleffizienz (Wärmekapazität) und einem ungünstigem Fließverhalten im Vergleich zu reinen Flüssigkeiten. Daher sind Kühlflüssigkeiten auf minimale Schaumbildung bei guten Luftabscheidungseigenschaften ausgelegt. Allerdings verändern sich die Eigenschaften von Kühlflüssigkeiten im Laufe der Zeit, was zu schlechterer Luftabscheidung führen kann, d. h. einem höheren Gehalt an Luft. Diese Veränderungen beeinträchtigen die Kühlwirkung.
Es gibt Produktionsstätten, in denen mehrere Maschinen an eine zentrale Versorgung mit bis zu 100.000 Liter Kühlflüssigkeit angeschlossen sind. Aufgrund der resultierenden hohen Kosten für die Kühlflüssigkeit ist es in finanzieller Hinsicht interessant, genau zu wissen, wann sie modifiziert oder gar gewechselt werden sollte. Nicht nur aus diesem Grund, sondern insbesondere auch, um seinen hohen Qualitätsstandards zu entsprechen, hat unser Kunde nach einem experimentellen Verfahren gesucht, mögliche Veränderungen der Kühlflüssigkeiten bei deren Gebrauch zu überwachen. Eine einfache visuelle Prüfung reichte nicht aus, um neues von gebrauchtem Öl zu unterscheiden (siehe Abbildung 1). Aber auch bei aufwändigeren Verfahren, etwa üblichen chemischen Analyseverfahren, ließen sich keine Unterschiede zwischen neuem und gebrauchtem Öl ermitteln.
Da die in einer Flüssigkeit verteilte Luft mit Schaumbildung in Zusammenhang gebracht wird, führte unser Kunde anfänglich Schaumstudien aus, bei denen Glaszylinder manuell geschüttelt wurden, um die Flüssigkeit aufzuschäumen. Jedoch konnten dabei keine reproduzierbaren und zuverlässigen Daten gesammelt werden, insbesondere aufgrund der von verschiedenen Personen manuell ausgeführten Vorgänge. Dies war der Punkt, an dem unser Kunde sich auf der Suche nach Beratung und ausgereifter technischer Ausstattung an KRÜSS wandte.
Experimenteller Teil
Bei dieser Untersuchung wurden zwei Kühlflüssigkeiten von unterschiedlichen Herstellern betrachtet, die auf hochraffinierten Mineralölen mit niedriger Viskosität basieren. Für diesen Bericht haben wir die Produkte anonymisiert und bezeichnen sie als Typ A und Typ B.
Sämtliche Experimente wurden mit einem Dynamic Foam Analyzer – DFA100 (Einzelheiten zu den experimentellen Verfahren unter [1],[2],[3]) ausgeführt. Das DFA100 bietet zwei automatisierte Aufschäummethoden: Rühren und Aufschäumen durch Gasfluss. Kühlflüssigkeiten sind auf maximale Luftabscheidungseigenschaften bei möglichst geringer Schaumbildung ausgelegt, d. h. es handelt sich um so genannte Low-Foamers. Bei Low-Foamers wird das Aufschäumen durch Gasfluss gegenüber dem Rühren generell vorgezogen, weil dabei viel mehr Schaum erzeugt werden kann und dies eine höhere relative Genauigkeit der erfassten Daten garantiert. Und tatsächlich zeigte sich bei Vortests mit den Proben beim Aufschäumen durch Rühren, dass dabei keine ausreichende Schaummenge erzeugt wird.
Beim Aufschäumen durch Gasfluss steigt die erzeugte Schaummenge nicht notwendigerweise proportional zur Durchflussrate des zugeführten Gases an. Daher können Vortests dabei helfen, den Gasdurchfluss zu ermitteln, bei dem die größte Schaummenge erzeugt wird. Bei den hier untersuchten Proben wurde bei der größtmöglichen Durchflussrate von 1 L/min die maximale Schaummenge erzeugt.
Schließlich wurde mit dem Ziel der optimalen Vergleichbarkeit der Proben mit folgenden Bedingungen gearbeitet:
- Temperatur: 20–27 °C
- Probenmenge: 100 mL, eingefüllt unter Vorbenetzung der Innenwand des Glaszylinders mithilfe einer 100 mL-Glaspipette
- Fritte: Einwegfilter (FL4520), der die Reinigungsarbeiten zwischen den einzelnen Durchläufen auf ein Minimum reduziert
- Dichtungen: Viton (FL4506)
- Gas: Luft
- Flussrate: 1 L/min
- Lichtquelle: IR-Lichtquelle mit 15 % Intensität
Die Messungen wurden wie in der KRÜSS ADVANCE Software programmiert ausgeführt:
Messergebnisse und Diskussion
Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für Rohdaten zusammen mit den erfassten Flüssigkeit-Luft- und Flüssigkeit-Schaum-Grenzen für das gebrauchte Öl von Typ B.
Wie zu erkennen ist, wurde die Flüssigkeit dreimal hintereinander aufgeschäumt. Jede Spitze entspricht der maximalen Schaumhöhe, die bei Zufuhr von 150 mL Luft zur Flüssigkeit erzeugt wurde. Dieser Schaum zerfiel schnell und nach einer definierten Wartezeit wurde dieselbe Flüssigkeit erneut aufgeschäumt. In Abbildung 3 haben wir auch die beiden verschiedenen grauen Bereiche eines jeden Zyklus gekennzeichnet, die entweder von reinem Schaum herrühren oder von winzigen Gasblasen, die in der Flüssigkeit unterhalb des Schaums verteilt sind. Zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zyklen wird die Flüssigkeit wieder transparent und erscheint in der Abbildung der Rohdaten daher weiß.
Hinsichtlich dieser schwach schäumenden Flüssigkeiten fanden wir heraus, dass die Reproduzierbarkeit der Schaumhöhenkurven nicht nur durch die Vorbenetzung des Glaszylinders bedeutend verbessert wird, sondern auch durch die Messung in Zyklen. Grund hierfür ist die Tatsache, dass Schaumbildung und Schaumzerfall auch durch die Wechselwirkung der Flüssigkeit mit der Glaswand beeinflusst werden können, insbesondere aufgrund chemischer und physikalischer Inhomogenität der Oberfläche. Wie in Abbildung 3 zu erkennen, fällt die maximale Schaumhöhe beim ersten Zyklus höher aus als beim zweiten und dritten. Die Messungen des zweiten und dritten Zyklus weisen eine sehr hohe Reproduzierbarkeit auf. Außerdem stellte sich Folgendes heraus: Wenn nur der erste Zyklus betrachtet wurde, fiel die Reproduzierbarkeit von Probe zu Probe nicht perfekt aus; wurde der Fokus jedoch auf Zyklus 2 und 3 gelegt, war die Reproduzierbarkeit hervorragend. Dies ist in Abbildung 4 zu erkennen, einer Darstellung des zweiten und dritten Zyklus, gemessen im Rahmen zweier verschiedener Experimente für neues und gebrauchtes Öl vom Typ A. Beim Öl vom Typ B wurde dieselbe Datenqualität festgestellt (hier nicht extra dargestellt). Der erste Zyklus eines jeden Experiments kann als Vorkonditionierung/Vorbenetzungsschritt des Glaszylinders gesehen werden, der die gute Reproduzierbarkeit der folgenden Zyklen gewährleistet.
Hinsichtlich beider Öltypen wurde festgestellt, dass die Gesamthöhe im zweiten und dritten Zyklus bei gebrauchtem Öl wesentlich höher ausfällt als bei neuem Öl.
Abbildung 5 zeigt eine Messung bei gebrauchtem und neuem Öl vom Typ A und B. Hier lässt sich erkennen, dass die Kurven bei den neuen Ölen sehr gut vergleichbar sind und eine sehr kleine Menge Schaum vorhanden ist, die zerfällt, sobald die Zufuhr von Luft gestoppt wird. Die gebrauchten Öle können jedoch anhand der maximalen Schaumhöhe und der Zerfallgeschwindigkeit unterschieden werden.
Abschließend lässt sich feststellen, dass wir mit dem hier beschriebenen Messverfahren eine experimentelle Methode präsentieren, die eine zuverlässige und in hohem Maße reproduzierbare Unterscheidung zwischen gebrauchten und neuen Proben desselben Öltyps und zwischen verschiedenen gebrauchten Ölen ermöglicht. Dies war mithilfe anderer experimenteller Mittel bislang nicht möglich und gab daher Anlass zu einer größer angelegten Studie unter Einsatz des DFA100 am Standort unseres Kunden, bei der mehr als zwei verschiedene Öle und Alterungsstadien verglichen wurden. In dieser Studie verwendet unser Kunde eine kombinierte Analyse aus der detektierten maximalen Schaumhöhe und der relativen Zeit, in der die Gesamthöhe auf 10 % des Maximalwertes reduziert wird. Auf Grundlage dieser Studie kann unser Kunde nun ein zuverlässiges experimentelles Verfahren zur Überwachung des Veränderungen von Kühlflüssigkeiten nutzen, das auf der Messung des Schäumverhaltens basiert.
Literatur
Mithilfe des Dynamic Foam Analyzer – DFA100 und des Aufschäumens durch Gasfluss haben wir für einen Kunden ein zuverlässiges experimentelles Verfahren zur Überwachung der nutzungsdauerbezogenen Effekte von kohlenwasserstoffbasierten Kühlflüssigkeiten für den Einsatz in Produktionsmaschinen gefunden. Jede in den Glaszylinder des DFA100 gefüllte Probe wird dreimal hintereinander aufgeschäumt, wobei zwischen den einzelnen Aufschäumzyklen Wartezeiten eingehalten werden, die dafür sorgen, dass der erzeugte Schaum vollständig zerfällt, bevor der nächste Aufschäumzyklus beginnt. Der erste dieser drei Zyklen dient als Schritt der Vorkonditionierung und Vorbenetzung. Als Ergebnisparameter zur Charakterisierung der Leistungsfähigkeit und/oder des Alterungsstadiums der verschiedenen Kühlflüssigkeiten werden nur die beim zweiten und dritten Zyklus gemessenen maximalen Schaumhöhen herangezogen sowie die dabei ermittelten Zeiten, die der Schaum benötigt, um auf 10 % seiner Maximalhöhe zu zerfallen. Unter Verwendung der hier beschriebenen Vorgehensweise und Ergebnisparameter dehnt unser Kunde seine Studie nun auf weitere Kühlflüssigkeiten aus, um seine Prozessüberwachung und Fertigungseffizienz noch stärker zu optimieren.
Bibliography
- [1] Katrin Oetjen, Christine Bilke-Krause, Mania Madani, Thomas Willers: Temperature effect on foamability, foam stability, and foam structure of milk. Colloids and Surfaces A: Physicochem. Eng. Aspects 460 (2014) 280–285
- [2] Investigating the foaming behavior of cooling lubricants and the effect of foam inhibitors (antifoams). KRÜSS Application Report AR279