Vergleich des Schaumverhaltens verschiedener entgaster Biersorten
Analyse der Schäumbarkeit sowie der Schaumstabilität und –struktur an Bierproben
Lebensmittelchemische Untersuchungen und Qualitätstests für Bier richteten sich über lange Zeit vorwiegend auf die biologische Stabilität des beliebten Getränks. In den letzten Jahren hat sich jedoch der Schwerpunkt verlagert: Hinsichtlich der Haltbarkeit des Biers hat die Brauereitechnik hohe und gesicherte Standards entwickelt und die Forschung und Qualitätssicherung richtet sich zunehmend auf Aspekte des Genusses [1]. In diesem Zusammenhang rücken auch die Bildung, Beschaffenheit und Stabilität des Bierschaums in den Vordergrund.
Bierschaum entsteht durch die Kombination aus natürlich enthaltenen, grenzflächenaktiven Substanzen und dem im Brauprozess als Reaktionsprodukt entstehenden Kohlendioxid (CO2). Letzteres wird nicht zugesetzt; lediglich beim Zapfen wird der nötige Druck durch zusätzliches CO2 erzeugt. In der vorliegenden Untersuchung wird eine Möglichkeit vorgestellt, den Einfluss der schaumbildenden Substanzen auf die Schäumbarkeit und Schaumstabilität unabhängig vom CO2-Gehalt zu analysieren. Dazu wurden an den Biersorten Pilsener, Kristallweizenbier und Kölsch Schaumhöhen- und Schaumstrukturmessungen vorgenommen, wobei das CO2 vor der Messung entfernt wurde. Dabei zeigte sich, dass das Schaumverhalten der so für die Messung standardisierten Bierproben stark von den Eigenschaften gezapfter Biere abweichen. Besonders das Verhalten des beim Ausschank wenig schäumenden Kölsch Biers sorgte bei unserer Studie für Überraschungen.
Hintergrund
Verantwortlich für die Schaumbildung sind die im Bier enthaltenen Proteine. Diese wirken grenzflächenaktiv und sorgen so für die Entstehung und Stabilisierung der Schaumlamellen. Der Einfluss der schaumbildenden Substanzen auf das Schaumverhalten lässt sich jedoch bei verschiedenen Biersorten und Herstellungsweisen nicht ohne weiteres vergleichen. Das liegt an dem unterschiedlichen Gehalt an Kohlendioxid (CO2), das während des Brauprozesses entsteht und das zusammen mit den Proteinen an der Entstehung des Schaums beteiligt ist.
Auch die Stabilität hängt nicht nur mit dem Proteingehalt, sondern zusätzlich mit dem Einfluss des CO2 zusammen, da die Löslichkeit dieses Gases im Wasser der Schaumlamellen den Schaumzerfall beschleunigt. Stabilisierend hingegen wirkt sich das Aufsteigen weiterer Bläschen aus dem Flüssigkeitsvolumen aus. Um die Wirkung schaumbildender Substanzen unabhängig von diesen nicht kontrollierbaren Einflussfaktoren zu untersuchen, haben wir daher das CO2 aus den Proben entfernt.
Für die vorliegenden Messungen haben wir die entgasten Proben durch Aufsprudeln aufgeschäumt. Um die beschleunigte Destabilisierung durch Gaslöslichkeit auszuschließen, haben wir dafür Luft verwendet. So ist gewährleistet, dass Unterschiede in der Schäumbarkeit und der Schaumstabilität bei verschiedenen Biersorten ausschließlich mit der Zusammensetzung der Flüssigkeit zusammenhängen.
Experimenteller Teil
Analysierte Biersorten
Untersucht wurden drei helle Biersorten, die mit unterschiedlichen Brauverfahren hergestellt werden: Ein Kristallweizenbier, ein Bier nach Pilsener Brauart und ein Kölsch.
Die Sorten unterscheiden sich vor allem hinsichtlich des Getreidemalzes (Weizen oder Gerste) und der verwendeten Hefe (obergärig oder untergärig) [2]:
Weizenbier | Pilsener | Kölsch | |
Marke | Paulaner Weißbier | Holsten | Reissdorf |
Hefe | obergärig | untergärig |
obergärig |
Getreide | Weizen | Gerste | Gerste |
Das Schäumungsverhalten der nicht entgasten Biere ist hinlänglich bekannt: Weizenbier und Pils bilden eine große Menge stabilen Schaums, während Kölsch nur zu geringer Schaumbildung und Schaumstabilität neigt.
Vorbereitung der Messungen
Zum Entgasen wurde das jeweilige Bier in eine Vorrichtung überführt, worin durch Erzeugen von Unterdruck über eine Vakuumpumpe mit Luftablassventil das CO2 entzogen wurde. Dieser Vorgang wurde solange durchgeführt bis das Bier nahezu komplett entgast war.
Jeweils 50 mL der jeweiligen Probe wurde mit Hilfe einer Spritze in die Messsäule des Dynamic Foam Analyzer –DFA100 eingefüllt.
In der Messsäule des Instruments wurden die Proben 20 s bei einer computergesteuert konstant gehaltenen Durchflussrate von 0,3 L/min über einen Papierfilter mit Luft durchströmt und hierdurch kontrolliert aufgeschäumt. Die Messtemperatur betrug 25 °C.
Die Messung der Schäumbarkeit und der Schaumstabilität erfolgen beim DFA100 durch die zeitabhängige Messung der Schaumsäulenhöhe. Diese wird mittels einer LED-Leiste und einer Photodetektorleiste ermittelt, die jeweils entlang der Messsäule angeordnet sind. Die Schäumbarkeit ergibt sich aus dem Höhenmaximum im Zuge des Aufschäumens, während die Stabilität aus dem zeitlichen Abbau der Schaumhöhe abgelesen wird. Neben dem gesamten Kurvenverlauf kann auch die Zerfallshalbwertzeit als charakteristische Kennzahl zum Vergleich zwischen mehreren Proben herangezogen werden.
Zur Bestimmung der Reproduzierbarkeit wurden mindestens zwei Messungen pro Biersorte durchgeführt.
Um simultan mit den Schaumhöhenmessungen auch die Schaumstruktur untersuchen zu können, wurde das Foam Structure Module – FSM verwendet. Dieses nutzt eine spezielle, mit Prismen versehene Messsäule und erfasst die Schaumlamellen an der Glaswand mit Hilfe einer Videokamera. Per Videobildanalyse wird die Schaumstruktur und deren zeitliche Veränderung hinsichtlich Blasengröße und ‑anzahl ermittelt.
Ergebnisse
Reproduzierbarkeit der Messkurven
Die Wiederholungsmessungen zeigten eine extrem gute Reproduzierbarkeit der Höhenkurven, wie exemplarisch in der folgenden Abbildung zu sehen ist. Die obere Kurve stellt dabei die gemessene Gesamthöhe dar, die untere die Höhe der Flüssigkeitssäule unter dem Schaum.
Schäumbarkeit
Hinsichtlich der Schäumbarkeit unterscheiden sich die Proben nur geringfügig, wie an den geringen Unterschieden der maximalen Schaumhöhen zu erkennen ist (Abb. 5).
Die bekannte starke Schäumbarkeit von Weizenbier und die geringe Schaumentwicklung beim Kölsch finden sich in diesen Messungen nicht wieder. Das lässt darauf schließen, dass die unterschiedliche Schäumbarkeit der Biere mit den verschiedenen CO2-Gehalten zusammenhängt, der bei den entgasten Proben nicht zum Tragen kam.
Schaumstabilität
Das Stabilitätsverhalten der entgasten Proben weicht noch deutlicher von den Eigenschaften der kohlensäurehaltigen Biere ab. Am auffälligsten ist das Kölsch Bier, dessen Schaumsäule langsamer zurückgeht als die der anderen Sorten (vgl. Abb. 5). Das geht auch aus einer Darstellung der Halbwertszeiten hervor (Abb. 6), die beim Kölsch etwa doppelt so lang ist wie bei den anderen Sorten.
Es kann also davon ausgegangen werden, dass die oberflächenaktiven Substanzen im CO2-freien Kölsch die Schaumlamellen gut stabilisieren und dass der bekannte schnelle Schaumzerfall beim ausgeschenkten Kölsch im Wesentlichen auf dem Einfluss des CO2 beruht.
Schaumstruktur
Der Zerfall eines Schaums geht in der Regel mit einer Tendenz zur Bildung großer Blasen bei gleichzeitigem Verschwinden kleiner Blasen einher (Ostwald-Reifung). Dieser Trend hinsichtlich der Blasengröße ist bei allen drei Proben zu beobachten. Die folgende Darstellung (Abb. 7) zeigt die Blasenstrukturänderungen innerhalb der ersten drei Minuten:
t [min] | Weizen | Pils | Kölsch |
1 | |||
2 | |||
3 |
Ungewöhnlich ist, dass der stabilere Schaum des Kölsch Biers zu Beginn eine hohe Dynamik der Ostwald-Reifung zeigt, dass also recht schnell große Blasen entstehen. Rapide wachsende Blasen haben sonst häufig einen schnellen Schaumzerfall zur Folge.
Denselben Anfangstrend zeigen auch die per Videobildanalyse gezählten Blasen für den beobachteten Ausschnitt (Abb. 8): Beim Kölsch geht die Anzahl der Blasen schneller zurück als beim Weizenbier und ähnlich schnell wie beim Pils.
Trotzdem war die Schaumhöhe beim Weizenbier und Pils langfristig weniger stabil als beim Kölsch (vgl. Abb. 3). Das bedeutet, dass das Wachsen der Blasengröße bei den beiden erstgenannten Sorten relativ schnell zum Zerplatzen führt. Beim Kölsch hingegen scheinen die schaumbildenden Proteine die entstandenen großen Schaumlamellen gut zu stabilisieren, so dass ein lockerer, großporiger Schaum lange stehen bleibt. Dieser zum Verhalten des Kölsch beim Ausschank konträre Befund lässt vermuten, dass die proteinbedingte Stabilisierung beim Kölsch nicht mehr zum Tragen kommt, wenn der Schaumzerfall durch CO2 beeinflusst wird.
Zusammenfassung
Um den Einfluss grenzflächenaktiver Stoffe im Bier unabhängig vom CO2-Gehalt und dessen Einfluss auf das Schaumverhalten zu analysieren, haben wir drei entgaste Bierproben mit dem Dynamic Foam Analyzer – DFA100 untersucht. Gemessen wurden die Schäumbarkeit, die Schaumstabilität und die Schaumstruktur eines Kristallweizenbiers, eines Biers nach Pilsener Brauart und eines Kölsch Biers. Dabei stellte sich heraus, dass sich das Schaumverhalten bei diesen Sorten deutlich von dem der CO2-haltigen Biere unterscheidet. Insbesondere das beim Ausschank wenig schäumende Kölsch zeigte im entgasten Zustand eine gute Schäumbarkeit und Schaumstabilität.
Die Untersuchung machte deutlich, dass das Schaumverhalten von Bier im ursprünglichen Zustand keine Aussagen über den Gehalt an schaumbildenden Substanzen zulässt. Erst die Messung an CO2-freien Proben ermöglichte einen Vergleich hinsichtlich der grenzflächenaktiven Proteine im Bier.
Beim DFA100 kann zum Aufschäumen statt Luft auch CO2 verwendet werden. In ein einer breiter angelegten Studie ließe sich daher auch der destabilisierende Einfluss der CO2–Löslichkeit im Wasser der Schaumlamellen quantifizieren.
Literatur
[1] Hughes, Paul: Improving the non-biological stability of beer, New Food Volume 17, 5 (2014), 30-35.